Hier lebe ich

Bilder aus meiner unmittelbaren Umgebung (Wesertor – 1984/85)

Bild: Fliessverkehr 2, Gestalt drückt sich an Hauswand neben dem Straßenverkehr

Zum Studium der Visuellen Kommuni­kation zog ich 1978 nach Kassel – zu­fällig in den Stadt­teil Weser­tor. In den Jahren 1984/85 entstand dann als Ab­schluss­arbeit bei den Professoren Hans Hill­mann und Günther Spornitz der Bilder­zyklus: »Hier lebe ich – Skizzen, Zeichnungen, Fotos und Collagen aus meiner unmittel­baren Um­gebung.«

Heute, fast 40 Jahre später, sind es Zeit­zeugnisse aus dem Weser­tor. Sie erzählen Geschichten von nicht mehr existierenden Gebäuden, stellen Zusammenhänge her, oder zeigen Gegensätze auf. Ungewöhnliche, manchmal uneindeutige Ausschnitte, verweisen auf etwas anderes, als das vordergründig Dargestellte. Einige Arbeiten sind mit heute nicht mehr praktizierten Techniken, wie z.B. manueller Fotomontage, erstellt worden.

Bild: Fliessverkehr I aus dem Jahr 1984 mit Helmut Kohl Plakat

»… die Häuser, der Schilder­wald, die Geometrie, das Wohn­gebiet, der Häuser­wald, die Fenster­blicke, das Chaos, die Verkehrs­ader, der Puls­schlag, die Ver­einzelung, die Ver­loren­heit, die Eintönigkeit, die Vermassung, die Hektik …«

Bild: Fliessverkehr 4 aus dem Jahr 1984

Anfang der 1980er Jahre war hier im Wohn-/Geschäfts­haus Ysenburg­straße 35, an der Ecke zur Weser­straße noch eine Sparkassen­filiale, danach mietete ein türkischer Kultur­verein die Räume als Treff­punkt. Heute be­findet sich hier ein Matratzen­laden.

Straßenzug mit einsamen Jungen auf einem Stuhl auf dem Bürgersteig sitzend. Ysenburgstraße 35, Mischtechnik, 1984 Bilder einer ehemaligen Schreinerei mit Zeitungsartikel und verbrannten Dokumenten, Mischtechnik, 1984

»1984: Auf dem Weg zur Buch­binderei oder zum Ein­kaufen komme ich immer beim Gärtner (Siebrecht-Lieberum) in der Garten­straße vorbei: Hier gibt es immer frisches Gemüse und etwas zu er­zählen –, be­ziehungs­weise gab. Denn auf ein­mal war das Haus leer. Im Ver­lauf des Jahres habe ich den Verfall des Hauses beobachtet und doku­mentiert – bis zum bitteren Abriss. Ein Kind auf der Straße meinte beim Ab­riss: ‚Das arme Haus’.«

SBilder vom Abriß einer ehemaligen Gärtnerei mit Fundstücken vom Grundstück in der Gartenstraße, Mischtechnik, 1984 Flißbandarbeit in einer Buchbinderei im Wesertor, Mischtechnik, 1984

Anlass für die Bilder zum Thema Fließ­band war der regel­mäßige Ferien­job in der nahe­gelegenen Buch­binderei in der Wilhelm-Speck-Straße. 1982 wurde dort unter anderem der Katalog zur documeta 7 verarbeitet. 2012 brannte der Gebäude­komplex ab.

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